Pastor Charles Haddon Spurgeon war ein englischer Baptistenpastor. Er gilt als einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts. Wikipedia Geboren: 19. Juni 1834, Kelvedon, Vereinigtes Königreich Gestorben: 31. Januar 1892, Menton, Frankreich Beerdigt: West Norwood Cemetery, London, Vereinigtes Königreich Bücher: Erwählt vor Grundlegung der Welt.: Predigten über die Erwählung und Souveränität Gottes. Kinder: Thomas Spurgeon Bauwerke: Metropolitan Tabernacle

Inhaltsverzeichnis

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Durch viel TrübsalDie Bekehrung von Charles H. Spurgeon

27. Januar 2014
von Sergej Pauli

Spur­geon berich­tet immer wie­der von den tie­fen Gewis­sens­bis­sen, die ihn als Teen­ager und Jugend­li­chen plagten:

Mein Herz war Brach­land, mit Unkraut bedeckt, aber eines Tages kam der große Bräu­ti­gam und begann, meine Seele zu pflü­gen. Er kam mit zehn schwar­zen Pfer­den, er benutzte eine scharfe Pflug­schar und zog tiefe Fur­chen. Die schwar­zen Pferde, das waren die zehn Gebote, und es war die Gerech­tig­keit Got­tes, die mei­nen Geist wie eine Pflug­schar auf­riss. Ich war ver­dammt—hoff­nungs­los, hilf­los—ich dachte, ich stünde direkt vor der Hölle. Dann kam eine neue Zeit des Pflü­gens in eine andere Rich­tung. Denn als ich das Evan­ge­lium zu hören begann, trös­tete es mich nicht. Ich wünschte wohl, daran Teil zu haben, aber ich fürch­tete, eine sol­che Gnade komme für mich nicht in Frage. Die aus­er­wähl­tes­ten Ver­hei­ßun­gen Got­tes blick­ten mich fins­ter an, und seine Dro­hun­gen don­ner­ten auf mich herab. Ich betete, fand aber keine Ant­wort des Frie­dens. Die­ser Zustand hielt lange an.

Es quälte Spur­geon zutiefst, dass er kei­nen Frie­den mit Gott fin­den konnte. Seine tie­fen Erfah­run­gen waren für sein geist­li­ches Leben von gro­ßer Bedeu­tung. Denn ers­tens konnte er dadurch umso mehr die Erret­tung erfah­ren und schät­zen und zwei­tens konnte er auch als Evan­ge­list ein fein­füh­li­ger Seel­sor­ger wer­den. Er sel­ber sagt zu sei­nen Gewissensqualen:

Eine geist­li­che Erfah­rung, die sorg­sam durch­mischt ist mit dem tie­fen und bit­te­ren Geschmack der Sünde, ist für den, der sie hat, von gro­ßem Wert. Es ist schwer, sie zu trin­ken, aber im gan­zen spä­te­ren Leben wirkt sie hei­lend. Unsere vie­len Evan­ge­li­sa­tio­nen machen es den Men­schen leicht, Frie­den und Freude zu erlan­gen—ob hier der Grund für die ober­fläch­li­che Fröm­mig­keit liegt, die wir heute über­all beob­ach­ten? Damit wol­len wir über die moder­nen Bekehr­ten nicht urtei­len; aber wir zie­hen jene Form geist­li­cher Erfah­rung vor, die die Seele den Kreu­zes­weg des Wei­nens führt und ihr zuerst die eigene Schwärze zeigt, bevor sie ihr ver­si­chert, in jeder Hin­sicht rein zu sein. Zu viele den­ken ober­fläch­lich über Sün­den und genauso auch über den Erlö­ser. Wer vor Gott gestan­den hat—über­führt und ver­dammt, mit dem Strick um den Hals-, der wird auch vor Freude wei­nen, wenn er Ver­ge­bung erhält; er wird das Böse has­sen, das ihm ver­ge­ben wurde, und er wird zur Ehre des Erlö­sers leben, durch des­sen Blut er gerei­nigt wurde.

Obwohl Spur­geon jedoch bibel­treue Wahr­hei­ten hört, kann er nicht in das Reich Got­tes durch­drin­gen. Viele Fra­gen und Pro­bleme quä­len ihn:

Wenn das Gesetz sagte: „Du sollst nicht steh­len“, und ich ant­wor­tete: „Nun, ich habe nie etwas gestoh­len“, dann ent­deckte ich, dass selbst das Ver­lan­gen nach dem, was nicht mein Eigen­tum war, Sünde ist. Die geis­tige Natur des Geset­zes ver­blüffte mich. Was für eine Hoff­nung hatte ich, einem Gesetz wie die­sem zu ent­kom­men? Ich sah mich in den Hän­den von einem, der keine Gnade zeigte. (…) Bevor ich zu Chris­tus kam, sagte ich mir: „Es kann ja nicht wahr sein, dass ich, so wie ich bin, nur an Jesus glau­ben muss und dann geret­tet bin. Ich muss etwas füh­len; ich muss etwas tun.“ Ich könnte mich vor Scham ver­krie­chen, wenn ich dar­über nach­denke, was für gute Ent­schlüsse ich fasste!“

Auch kommt er in ver­schie­dene Anfech­tun­gen, unter ande­rem befällt ihn der Gedanke, dass er die unver­geb­bare Sünde began­gen habe. Wie jedoch hat sich seine Bekeh­rung abge­spielt? Bis an sein Lebens­ende hat er die Plötz­lich­keit sei­ner Bekeh­rung in einer metho­dis­ti­schen Kapelle genutzt, um zu erklä­ren, dass sich unsere Bezie­hung mit Gott in einem ein­zi­gen Augen­blick für alle Ewig­keit ändern kann. Es war Sonn­tag und das Wet­ter war rau an die­sem Janu­ar­tag 1850. So schaffte es Spur­geon nicht in den Got­tes­dienst wo er eigent­lich hin wollte und hielt in einer Kapelle der Pri­mi­tive Metho­dists an. Hier geschah es:

In der Kapelle saßen etwa fünf­zehn bis zwan­zig Men­schen. Ich hatte von den Metho­dis­ten schon gehört, sie wür­den so laut sin­gen, dass man Kopf­schmer­zen davon bekäme. Aber das störte mich nicht. Ich wollte wis­sen, wie ich geret­tet wer­den könne, und wenn sie es mir sagen konn­ten, waren mir die Kopf­schmer­zen egal. An die­sem Mor­gen kam der Pre­di­ger nicht, ver­mut­lich weil er ein­ge­schneit war. Schließ­lich stand ein sehr schmal aus­se­hen­der Mann auf und ging nach vorne auf die Kan­zel, um zu pre­di­gen. Die­ser Mann war wirk­lich ein­fäl­tig. Er musste bei sei­nem Text blei­ben, denn er hatte wenig dar­über hin­aus zu sagen. Der Text war: “ Schaut auf mich, und ihr wer­det geret­tet wer­den, all ihr Enden der Erde.“ Er sprach nicht ein­mal die Worte rich­tig aus, aber das war unwich­tig. Da lag, so dachte ich, ein Hoff­nungs­schim­mer in die­sem Text. Der Red­ner begann: „Meine lie­ben Freunde, dies ist in der Tat ein sehr ein­fa­cher Text. Er sagt: „Schaut“. Nun ist Schauen nicht allzu schmerz­haft und anstren­gend. Du musst nicht ein­mal dei­nen Fin­ger oder dei­nen Fuß dafür heben. Nur „Schaut“. Nun, ein Mensch muss nicht zur Uni­ver­si­tät gehen, um Sehen zu ler­nen. Du kannst der größte Trot­tel sein, und doch kannst du sehen. Ein Mensch muss auch nicht Tau­sende im Jahr ver­die­nen, um sehen zu kön­nen. Jeder kann sehen, sogar ein Kind kann sehen. Aber dann sagt der Text: „Schaut auf mich“. „Nun“, fuhr der Mann in sei­nem brei­ten Ess­exer Dia­lekt fort, „viele von euch schauen auf sich selbst, aber es hat kei­nen Sinn, dahin zu bli­cken. In euch wer­det ihr nie irgend­ei­nen Trost fin­den. Einige schauen auf Gott, den Vater. Nein, schaut immer mehr auf ihn! Jesus Chris­tus sagt: „Schaut auf mich.“ Einige unter euch sagen: „Wir müs­sen war­ten, bis der Geist an uns arbei­tet.“ Küm­mere dich jetzt nicht darum. Schau auf Chris­tus. Der Text sagt, „Schaut auf mich.““ Auf diese Art und weise ging es wei­ter: „Schaut auf mich, ich schwitze große Bluts­trop­fen. Schaut auf mich, ich hänge an dem Kreuz (…). Als er bis hier­her gekom­men war und es geschafft hatte, etwa zehn Minu­ten zu fül­len, war er am Ende mit sei­nem Latein. Dann sah er mich, wie ich unter der Gale­rie saß. Sicher wusste er bei so weni­gen Anwe­sen­den, dass ich ein Frem­der war. Er rich­tete sein Auge auf mich, als würde er mein gan­zes Herz ken­nen, und sagte:

„Jun­ger Mann, Sie sehen sehr elend aus…“ Ja, das tat ich, aber ich war es nicht gewohnt, von der Kan­zel her direkt auf mein per­sön­li­ches Aus­se­hen ange­spro­chen zu wer­den. Wie dem auch sei, es war ein Voll­tref­fer. Er fuhr fort:“…und Sie wer­den immer elend sein—elend im Leben und elend im Tode—wenn Sie mei­nem Text nicht gehor­chen. Aber wenn Sie jetzt, in die­sem Moment, gehor­sam wer­den, dann wer­den Sie geret­tet.“ Dann, mit hoch erho­be­nen Hän­den, rief er, wie dies viel­leicht nur ein ein­fa­cher Metho­dist tun kann: „Jun­ger Mann, schau auf Jesus Chris­tus. Schau! Schau! Schau! Du musst nichts tun, als nur schauen, und du wirst leben.“ Plötz­lich und auf ein­mal sah ich den Weg der Erlö­sung. ich weiß nicht mehr, was er noch sagte—ich habe nicht so sehr dar­auf geachtet-, ich war ganz und gar erfüllt von die­sem einen Gedan­ken. Genauso war es doch mit der eher­nen Schlange gewe­sen, als sie erhöht wor­den war, muss­ten die Leute nur auf sie schauen, und sie wur­den geret­tet. So war es auch mit mir. Ich hatte erwar­tet, fünf­zig Dinge tun zu müs­sen, aber als ich die­ses Wort hörte:„Schau“, da schien es für mich das schönste Wort der Welt zu sein! Ach, ich hätte mir die Augen aus dem Kopf schauen kön­nen. An die­sem Ort und in die­sem Augen­blick wich der Schleier (…). Ich hätte auf­ste­hen kön­nen und mit den enthu­si­as­tischs­ten Metho­dis­ten von dem kost­ba­ren Blut Christi und dem ein­fa­chen Glau­ben sin­gen kön­nen, der nur auf ihn schaut. Wenn mir das doch nur vor­her jemand gesagt hätte: „Ver­lass dich auf Chris­tus, und du sollst geret­tet wer­den.“ Ich konnte jetzt John Bunyan ver­ste­hen, der sagte, er habe den Krä­hen auf dem Acker alles über seine Bekeh­rung erzäh­len wol­len. Er war zu voll davon, um es für sich zu behalten.

Übri­gens, genau sechs Jahre spä­ter hat Spur­geon über den sel­ben Vers gepre­digt, den wir übri­gens in Jesaja, Kapi­tel 14 Vers 22 finden:

Wen­det euch zu mir, so wer­det ihr selig, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und kei­ner mehr.

Die Zitate stam­men aus der Auto­bio­gra­fie Alles zur Ehre Got­tes.

Charles Haddon Spurgeon (1834 - 1892)

Er gilt als der größte Prediger Englands. Am 19.6.1834 in Kelvedon, Essex geboren, wuchs er im frommen Elternhaus auf. Seine Familie stammt von holländischen Flüchtlingen ab, die vor dem Blutregiment Herzog Albas nach England flüchteten.

Als Spurgeon 15 Jahre alt war, wurde er Hilfslehrer und geriet in eine Periode des Zweifels an Gott. In dieser Zeit hörte er durch Zufall eine Predigt, die ein schlichter Laienprediger hielt. Dieser rief immer wieder: "Junger Mann, blick auf Christus!". Dieser Satz brannte sich in ihm ein und führte ihn zu einem neuen Glauben. Sein Zweifel wich einer tiefen Gewißheit.

Er vertiefte sich in das Studium der Heiligen Schrift und ließ sich 1850 in einer Baptistengemeinde taufen.
Als nur 16jähriger wurde er ein überaus aktiver und erfolgreicher Zeuge Jesu Christi und Prediger. Als Gemeindepastor in Worterbeach predigte er unter großem Zulauf in Scheunen, auf Dächern und unter freiem Himmel. Ab 1854 auch in London.
Eine geplante theologische Ausbildung in einem College mißglückte, so daß der bereits durch seine Wirksamkeit legitimierte junge Prediger darauf verzichtete und durch fleißiges Selbststudium in den Grundsprachen der Bibel und in den Naturwissenschaften seine Ausbildung ergänzte.
Spurgeon sah alle Zuhörer als Sünder an, die gerettet werden sollen, und verkündigte ihnen, daß sie in Christus neue frohe Menschen werden. Das Geheimnis seiner Predigt war das unablässige Gebet. Er sagt darüber in seinen "Ratschlägen für Prediger": “Das Gebet ist unser wichtigster Gehilfe, solange die Predigt noch auf dem Amboß ist. Wenn andere, wie Esau, jagen gehen nach einer Mahlzeit, werden wir durch das Gebet ein köstliches Mahl zu Hause finden und können wie Jakob - aber mit voller Wahrheit - sagen: "Der Herr hat mir´s beschert." - Unsere gebetslosen Predigten weisen sich als Heu und Stoppeln aus. Ein gewaltiger Beter ist eine feurige Mauer um sein Vaterland her. Die Gebete eines Knox fürchten seine Feinde mehr als die feindlichen Heere. - Wir sollten nicht nur, wir müssen mehr beten. Das Geheimnis all unseres Erfolgs im Predigtamt liegt im Beten.”

Spurgeon hatte eine wundervolle Gabe, seine Predigten zu illustrieren. Er nannte die Illustration das "Fenster der Predigt".

Anfangs predigte Spurgeon in weltlichen Sälen und Vergnügungsstätten. Für den vierundzwanzigjährigen Prediger bauten dann seine Freunde, weil alle Säle nicht mehr reichten, das Tabernakel in London mit 5500 Sitzplätzen. Manchmal waren 10.000 Zuhörer im Tabernakel. Man mußte schon eine halbe Stunde vorher kommen, um einen Platz zu erobern. Spurgeon stand fröhlich auf der Plattform in der freudigen Gewißheit des göttlichen Beistandes und schlug siegreiche Schlachten für seinen Meister Jesus Christus. 1874 gründete er ein Predigerseminar, aus dem 742 Prediger hervorgegangen sind.

Spurgeon war natürlich und humorvoll. Als die Cholera in London wütete, war seine Seelsorge viel begehrt. Er war so angespannt, daß er meinte, er würde selbst krank werden. Da stärkte ihn am Fenster eines Schuhmachers ein Bibelwort: "Weil du den Herrn, den Höchsten, zu deiner Burg gemacht hast, so wird dir kein Übles begegnen."

Spurgeon baute eine lebendige Gemeinde mit vielen Mithelfern in Stadtmission und Sonntagsschule, hatte 17 Armenhäuser, Waisenhäuser für fünfhundert Knaben, eigene Schulen und Altersheime zu versorgen. Die Mittel kamen von der Gemeinde. Doch hatte er auch manchmal Geldnot, wobei er dann fröhlich zu sagen pflegte: "Wenn die Ebbe am tiefsten ist, muß die Flut bald zurückkehren".

Seine Predigten wurden in der ganzen Welt verbreitet. 27 Jahre lang gab er die Zeitschrift "Schwert und Kelle" heraus. Seine gesammelten Schriften füllen 100 Bände, davon seine Predigten allein 43. Sein volkstümlicher Psalmenkommentar "Davids Schatzkammer" war sein Hauptwerk von bleibendem Wert.

Am 31. Januar 1892 ist er in Mentone, Frankreich, im Frieden entschlafen. In einem Alter von 58 Jahren war seine Kraft verbraucht. Vor seinem Ende sagte er noch: "Meine Arbeit ist zu Ende, aber der Herr hat alles wohl gemacht."

Spurgeon, Charles Haddon - Säet für euch

Gehalten am Sonntag, den 24.Oktober 1875

„Darum säet euch Gerechtigkeit, und erntet Liebe.“
Hosea 10,12.

„Säet für euch in Gerechtigkeit; erntet in Barmherzigkeit.“ (Engl. Übersetzung.)

Die Landleute sind jetzt damit beschäftigt, den Samen in die Erde zu bringen. Sie wissen genug, dass sie ohne Säen in der jetzigen Zeit keine Ernte in der Zukunft erwarten können. Die Saatzeit hat manche Lehren; das, was wir heute morgen lernen wollen, ist sehr persönlich und sehr praktisch. Unser Herz gleicht einem Felde und wenn wir es sich selber überlassen, so wird die einzige Ernte, die wir erhalten, das natürliche Unkraut des Bodens sein, zusammen mit jenen Wicken, die der böse Geist sicher ausstreuen wird, ob wir guten Samen säen oder nicht. Wir sollen „allenthalben an den Wassern säen“ (Jes. 32, 20), aber wir müssen nicht vergessen, auf uns selber zu säen. Es thut Noth, dass wir guten Samen in unserem eigenen Garten säen, sonst wird es uns wenig helfen, dass wir andre bepflanzt und begossen haben. Über dieses Säen auf dem heimischen Boden, dies Samenstreuen auf unserm eignen Acker will ich nun reden. Möge der Geist Gottes das Wort segnen.

Ehe ich in die Sache hineingehe, mag es gut sein, zu bemerken, daß sie nicht für unerneuerte Herzen gilt. Es ist vergeblich, uns selber zu besäen, bis der Boden von unserm Vater bereitet ist, welcher der Ackersmann ist. Selbst Christi eigner Same des Wortes, rein von seiner eignen Hand, bringt keine Frucht, wenn er auf unbereitete Herzen fällt. Seine Prediger sind verpflichtet, den Samen aller Orten auszustreuen, auf den harten Felsen, auf den Wegen, und unter Dornen, aber keine Ernte kommt je, bis der Grund aufgebrochen und für die Wahrheit empfänglich gemacht ist durch den Geist Gottes. Unser Text steht mitten unter einer Anzahl Gleichnisse, die vom Ackerbau hergenommen sind, eins vom Pflügen geht ihm vorher. „Ich will Ephraim reiten, Juda soll pflügen und Jakob eggen.“ Was nützt es zu säen ohne zu pflügen? Bei Einigen bedarf der Boden des Pflügens und Umpflügens; er ist so schwer von Natur, daß das Himmelreich bei ihnen Gewalt leidet und nur durch gewaltiges Aufreißen des Bodens werden sie errettet. Hast du je ein zerbrochnes Herz gehabt, lieber Hörer? Hat der Geist Gottes je die schwarzen Rosse des Gesetzes durch dein Herz getrieben mit der scharfen Pflugschaar der Verdammniß, und deine falschen Hoffnungen getödtet, deine Seele verwundet und deine verborgenen Sünden offenbar gemacht? Denn, wenn du nicht etwas hiervon weißt, so kann ich dir nicht sagen, säe auf dir in Gerechtigkeit; du bist dafür nicht bereitet, du mußt erst gepflügt werden. Ich bitte den göttlichen Geist, dein Brachland urbar zu machen, dass du nicht unter die Dornen säest.

Laßt uns noch ein Andres aussprechen, damit wir nicht mißverstanden werden. Selbst wenn wir zum Volke Gottes sprechen und sagen: „Säet euch in Gerechtigkeit,“ vergessen wir durchaus nicht, daß alle wahre Bearbeitung des Herzens von dem Geiste Gottes kommt. Wir ermahnen die Menschen, wie die Schrift es thut, als thätige, vernünftige Wesen. Wir ermahnen sie, als wenn es keinen heiligen Geist gäbe; aber wir bitten auch den heiligen Geist, unsre Ermahnungen und die Bemühungen seiner Diener zu diesem Zwecke wirksam zu machen. Ohne sein göttliches Wirken wird weder dem Gebot unsers Textes, noch irgend einem andern Gehorsam geleistet werden. In dieser, sowie in jeder andern, mit dem Evangelium verbundenen Sache, herrscht die Gnade. Wenn der erste Satz des Textes Gesetzlichkeit zu athmen scheinen könnte: „Säet für euch in Gerechtigkeit,“ so macht euch der zweite Satz ihn durchaus evangelisch, denn er sagt: „erntet in Barmherzigkeit.“ Wenn wir nicht ewigen Zorn Gottes ernten sollen, so müssen wir in Barmherzigkeit ernten. Wenn irgend etwas aus dem kömmt, was wir thun, wenn unsere betende Sorge und unser ernster Glaube Heiligkeit erzeugen, so wird es die Folge der unendlichen Barmherzigkeit und die Wirkung von der Kraft des Geistes sein. Selbst der Wunsch, vor Gott gerecht zu sein, entsteht durch die Wirkung des heiligen Geistes und alle Gerechtigkeit, die in uns gefunden wird, kommt durch göttliche Kraft und ist nicht durch uns selber, sondern wie das ganze Heil, die Gabe Gottes. So vergesse ich nicht, während ich ermahne, bitte und überrede, den Göttlichen, ohne dessen gnädiges Wirken wir gar nichts können.

Wir wollen nun dem texte näher kommen. Zuerst, meine Brüder, wir müssen die Saarzeit nicht versäumen, und zweitens, wir müssen die Ernte nich versäumen, wenn sie kommt.
I.

Wir müssen die Saatzeit nicht versäumen. „So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte.“ Beide sind nothwendig, und deshalb hat Gott bestimmt, daß für beide den Menschen eine Zeit gegeben werde solle. Alles Leben ist in gewisser Weise ein Säen. Alles, was wir denken, sagen, thun oder ungethan lassen, ist ein Säen für den letzten großen Tag, und wenn wir auf das Fleisch säen, so werden wir vom Fleische ernten, was immer von dem Fleische kommt, nämlich Verderben; aber wenn wir auf den Geist säen, werden wir vom Geiste ernten, was dem Geiste gemäß ist, nämlich, ewiges Leben. Wie ein Mann säet, so wird er auch ernten. Es ist indessen nicht diese Form des Säens und Erntens, worüber ich heute Morgen mit euch reden will. Wie ich euch schon gesagt habe, wir wollen vom inneren Leben sprechen, denn ich glaube, der Zusammenhang zeigt, daß dies gemeint ist, da der Prophet augenscheinlich von dem Volke und dem Zustand ihres Herzens vor Gott hier redet. Das äußerliche Säen guter Thaten auf den Acker der Welt ist ohne Zweifel sehr wichtig, aber das verborgene Besäen des eingeschlossenen Gartens unserer Herzen ist es nicht weniger. Unser Thema wird dies sein, daß wir, nachdem unser Herz durch die Bekehrung umgepflügt ist, große Sorge tragen müssen, daß es besäet und in gutem Stande erhalten wird. Der kleine Fleck, den die Gnade in der weiten Wüste der Welt eingehegt hat, bedarf nun unsrer Fürsorge und erfordert die heilige Geschicklichkeit und Thätigkeit, die zum geistlichen Ackerbau Noth thut. Es muß der gute Same des Wortes, die köstliche Wahrheit der Schrift darauf gestreut werden, damit so von feinem Boden eine Ernte gewonnen werde, die mit großer Freude eingeheimset wird und Gott Ehre bringt. Das erste nach der Bekehrung zu Christo ist das Bekenntnis zu Christo und das nächste die Belehrung in Christo. Ich fürchte, zu viele, die sich Bekehrte nennen, springen über diese Hecken und versuchen, sogleich Lehrer zu werden. Ohne sich in die Kirche Christi aufnehmen zu lassen oder Schüler in seiner Schule zu werden, eilen sie in die vordersten Reihen und versuchen zu lehren, ehe sie gelehrt sind und wenn sie im Geringsten gehemmt werden, so nehmen sie das als Einmischung übel auf und verdächtigen den Eifer derer, die ihnen rathen. Sie nennen sich Schüler und weisen doch alle Zucht der Schule ab. Sie sagen, daß sie Krieger des Kreuzes sind, aber sie können weder in Reihe und Glied marschiren, noch Schritt halten und wollen sich auch der Ordnung nicht unterwerfen. Sie scheinen zu glauben, daß sie in dem Augenblicke, wo sie geboren sind, schon Väter seien und in dem Moment, wo sie Soldat werden, schon Offiziere. Nun ist aber die Bekehrung der Anfang des geistlichen Lebens und nicht die Höhe desselben. Sie macht einen Menschen zum Jünger, und die Hauptsache, die ein Jünger zu thun hat, ist zu lernen; nachdem er gelernt hat, wird er fähig sein, auch andre zu lehren, aber nicht eher. Ich habe euch oft gesagt, dass nichts aus euch herauskommen kann, das nicht in euch ist; und wenn deshalb nichts in euch hineingebracht ist, womit ihr anfangen könnt, so mögt ihr zum Kriege ausziehen, aber da ihr weder Kugel noch Pulver in eurem Gewehr habt, so wird dem Feinde durch eure Tapferkeit nicht viel Schaden geschehen. Wir müssen gefüllt sein, ehe wir überfließen. Es ist nothwendig für den Christen, zu dem heiligen Dienste vorbereitet zu werden, damit das, was er für Gott thut, wirklich eine Ernte sei, die aus ihm selber hervorwächst in Folge einer vorhergegangenen Saatzeit, während welcher viel köstlicher Same in ihn hineingestreut ward.

Laßt uns dieses Säen näher betrachten und zuerst fragen: was sollen wir säen? Hier ist unser Herz, ein gepflügtes Feld, bereit zur Aufnahme des Samens. Was sollen wir säen? Ich antworte, sehet zu, Brüder, dass in euch ein wirklicher Glaube an den Herrn Jesum Christum gesäet wird. Laßt diesen von der einfachsten und kindlichsten Art sein. Beunruhigt euch nicht mit Begriffsbestimmungen, welche die „Weisheit dunkel machen durch Worte ohne Erkenntnis.“ (Hiob 38, 2. engl. Ueb.) Haltet euch an Christum, wie ein Kind an seiner Mutter hängt, mit seinen Armen um ihren Nacken. Trauet ihm, verlaßt euch auf ihn, ruht in ihm und in ihm allein. Aber tragt Sorge, daß euer Glaube wirkliches Vertrauen auf Jesum ist, denn mir kommen Leute vor, die meinen, der Glaube bestehe darin, zu glauben, daß sie errettet seien; aber wenn ihr nicht wirklich errettet seid, so wird ein solcher Glaube eine Lüge sein und ihr werdet euch in dem Netz einer falschen Zuversicht verstricken. Andre meinen, Glaube sei, zu glauben, daß Jesus für sie gestorben sei, wenn sie zu gleicher Zeit meinen, daß er für jedermann gestorben sei, und damit natürlich auch für sie. Gewiß, es kann keine besondere Tugend oder Kraft darin sein, etwas zu glauben, was ein sich von selbst ergebender Schluß ist. Viele glauben, daß Jesus für sie starb, und doch sind sie nicht errettet. Christo zu vertrauen, daß heißt: so glauben, daß man errettet ist: seht zu, dass dies Vertrauen in euch gesät wird. Ihr solltet wissen, warum ihr ihm vertraut und was er für euch that und in welchem Verhältnis er zu euch und zu Gott steht; ihr solltet fähig sein, nicht blos von seinem Blute zu singen, sondern ihr solltet die Lehre von der Versöhnung kennen, die selige Thatsache seiner Stellvertretung ergreifen und die dadurch bewirkte Sühne erkennen. Zu wissen, an wen ihr geglaubt habet, sollte einer der Hauptzwecke eures Lebens sein. Ich fürchte, daß Einige, die sagen, sie seien bekehrt, nicht einmal das A. B. C. des Evangeliums kennen, nämlich was der Glaube der Auserwählten Gottes ist und worauf er beruht. Nehmt euch in Acht, daß ihr in diesem Punkte nicht unwissend seid, sondern lasst euer Herz wohl beäet sein mit einfachem Vertrauen auf den ewigen Sohn Gottes, der uns geliebet hat und sich selbst für uns gegeben.

Säet auf euch selber und seht zu, daß in eurer Seele Buße wegen der Sünde ist. Gebt euch nicht dem Gedanken hin, dass die Nothwendigkeit für die Buße vorüber sei. Ich habe sagen hören, Buße sei „nur eine Sinnesänderung.“ Ich wünsche, bei denen, welche so sprechen, hätte diese Sinnesänderung stattgefunden. Es ist ein trauriges Zeichen verkehrter Lehre, wenn die Menschen diese werthvolle Gnade unterschätzen. Merkt euch, kein Sünder wird je in den Himmel eingehen, der nicht Buße für seine Sünden gethan hat. Keine Verheißung des ewigen Lebens findet sich in dem Buch der Offenbarung für Menschen, die ohne Buße leben und sterben. Es ist eine altmodische Tugend, ich weiß das, aber sie ist Mode bei den Engeln, die sich freuen über Sünder, welche dieselbe besitzen. Wisset, meine lieben jungen Freunde, daß die Sünde ein böses und ein bittres Ding ist und daß man von ihr reden muß in der Weise, wie David es im einundfünfzigsten Psalm thut. Bittet Gott, euch von eurer Schuld zu überführen und fleht ihn an, euch zu helfen, jeden falschen Weg zu fliehen. Suchet Gnade, um die Sünde zu erkennen und sobald ihr sie wahrnehmt, vor ihr zu fliehen wie vor einer tödtlichen Schlange. Möge in euch ein innerlicher Abscheu vor der Sünde gewirkt werden und ein Ekel vor euch selber wegen eures Hanges zur Übertretung. „Die ihr den Herrn liebt, hasset das Arge.“ „Hasset den befleckten Rock des Fleisches.“ Möget ihr auch das volle Bewußtsein davon haben, daß in euch, das ist in eurem Fleische nichts Gutes wohnet; daß eure Natur leer und öde und wüste ist, wie das alte Chaos, es sei denn, daß der heilige Geist über euch brüte und der ewige Gott euch neu erschaffe. Es muß in eurer Seele ein tiefes Gefühl ihres Verderbens sein, sonst wird sie die Erlösung nicht schätzen, und viel von der göttlichen Traurigkeit der Buße, sonst werdet ihr die Wonne der Vergebung nicht fühlen. O, daß wir reichlich mit Thränen säeten, damit wir mit Freuden ernten.

Strebet auch dahin, in euch eine klare Erkenntniß des Evangeliums zu säen. Seid nicht damit zufrieden, daß ihr die Menschen gehen sehet, als sähet ihr Bäume, sondern bittet, daß euer Auge auch von dem kleinsten Stäubchen gereinigt werde. Seid dankbar, wenn ihr nur ein wenig Sehkraft habt, aber laßt eure Dankbarkeit euch dahin leiten, um die Wegnahme jedes Häutchens zu bitten. Wenn ihr wirklich eine Ernte von Weizen ohne Unkraut hervorbringen sollt, so müßt ihr die Dinge unterscheiden, die von einander verschieden sind, denn der Glaube eines Menschen hat mehr Einfluß auf sein Leben, als Manche sich einbilden. Ihr solltet den Erlösungsplan kennen, die Ordnung, nach welcher Gott das Heil gewährt. Es wird ein großer Vortheil für euch sein, den zweifachen Bund Gottes zu verstehen; und klar den Unterschied zwischen dem Bund der Werke und dem Bund der Gnade zu sehen. Wer in dieser Sache klar sieht, hat den Kern der Theologie erfaßt und besitzt den Schlüssel zu dem theuren Evangelium Jesu Christi. Ich möchte, daß ihr die Lehre von der Gnade kenntet und verstündet und fähig wäret, sie mit Schriftbeweisen zu vertheidigen, wenn sie angegriffen wird. Ihr jungen Leute, ich bitte euch, seid willig, zu lernen. Platzt nicht heraus mit der Verkündigung der Gnadenlehre, ehe ihr sie ein wenig erwogen und in einigem Maße die großartigsten Punkte darin verstanden habt. Gott verhüte, daß ich euren Eifer dämpfen sollte, aber ich flehe euch, ein wenig Kenntniß damit zu verbinden, sonst wird die beste Sache unter euren Händen leiden. Werdet geschickt zum Lehren dadurch, daß ihr erst geschickt im Lernen seid. Wachset in der Gnade und in der Erkenntniß eures Herrn und Heilandes. Füllt euren Korb mit Brod von seiner Hand, sonst werdet ihr nie die Menge speisen. Ich möchte euch wohl ausgerüstet sehen zum Kampfe mit den Gegnern des Glaubens oder jedenfalls bereit, einen Grund zu geben der Hoffnung, die in euch ist mit Sanftmüthigkeit.

Seid aber nicht einmal mit klarer Erkenntniß zufrieden. Bittet um lebendige Grundsätze, die aus dieser Erkenntniß hervorwachsen. Die Religion der Leidenschaft ist vergänglich; die Religion der Grundsätze wird nicht verschleißen. Hitze und Aufregung erzeugen zu oft ein Leben gleich dem der Pilze, das eben so schnell vergeht, als es entsteht. Wir wünschen, daß ihr die Wahrheit so kennt, daß ihr ihre Kraft fühlt, bis sie eure ganze Natur beherrscht, das Scepter in eurer Seele führt und ihren Thron in euch aufrichtet. Dann werdet ihr fähig sein, allein zu stehen und werdet keinen großen Haufen um euch herum nöthig haben, und keinen flammenden Redner, um euch an eurem Platze zu halten; ihr werdet wissen, an wen ihr glaubet, und gewiß sein, daß er euch eure Beilage bewahren kann. O, wenn unsere jungen Freunde und unsere alten Freunde auch auf diese Art wohl besäet wären, daß die Wahrheiten, die sie bekennen, durch den heiligen Geist lebendige Wurzeln in ihren Seelen gefaßt hätten, was für Kirchen würden wir haben und wie wenig Schaden vermöchte der Papst und der Ungläubige uns zu thun! Ein Mensch kann eine Religion haben, er kann fünfzig Religionen haben und jede Woche eine neue haben und darum nichts besser sein; es ist die Religion, welche den Menschen hat, die selig macht. Eure auf Papier gedruckten Bibeln sind ein Segen, aber die Schrift auf eurem Herzen geschrieben zu haben, das ist viel besser. Wir haben nicht so wohl die Lehre nöthig, die durch Beweise in's Gehirn getrieben wird, als die Wahrheit, die in der Seele durch Erfahrung bewirkt wird, durch die Unterweisung des heiligen Geistes. Ich wollte zu Gott, lebendige Grundsätze wären so in Aller Herzen gesäet.

Der Hauptpunkt ist, daß, was immer in uns gesäet wird, in Gerechtigkeit gesäet werde, das heißt, daß es wirklich gesäet werde und daß guter Same in unser Herz aufgenommen wird. Wenn ihr Irrthum säet, wie aufrichtig ihr ihn auch säet, so wird er schlechte Wirkungen auf euren Verstand haben. „Säet für euch in Gerechtigkeit.“ Nehmt nicht eine Handvoll Samen aus eures Großvaters Korb, bloß, weil er ihn dahinein gethan: seht zu, ob es Gottes Samen ist. Greift nicht auf's Geradewohl nach dem, was in dem Glaubensbekenntnisse oder in den Lehrsätzen eurer Kirche ist; geht zu dem gesichteten Korn der Schrift, säet das, und das allein; und ob auch wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas lehrten, was dem unfehlbaren Worte Gottes zuwiderläuft, verweigert solchem Samen eine Statt in eurem Herzen. Bittet Gott, dem Prediger seine Irrthümer zu vergeben, aber folget ihm nicht darin. Betet, daß ihr „für euch in Gerechtigkeit säet.“ Nehmt die Wahrheit auf und nur die Wahrheit und bittet Gott, daß ihr die Wahrheit mit festem Griff halten möget; denn es giebt ein Ding, das „Halten der Wahrheit in Ungerechtigkeit“ heißt. (Röm 1, 18. engl. Ueb.) Es ist sehr leicht, falsch gegen die Wahrheit zu sein. Die Wahrheit, die ein schlechter Mensch aufrecht hält, ist wie ein goldenes Kleinod in der Schnauze eines Schweines. Die schöne Lilie der Wahrheit sollte in einer reinen Hand gehalten werden. Dies ist aber nicht Alles. Laßt uns den Herrn bitten, uns frei zu machen von dem bloßen Vorgeben und der Nachäffung des Glaubens. Hinweg für immer mit einem nachgemachten Glauben. Schwatzt nie von erdichteter Erfahrung; borgt nicht Stückchen von Diesem und Stückchen von Jenem und erzählt sie dann als eure eignen; dies ist ungerecht. Falsches Vorgeben in der Religion ist eine Art Lästerung. Möge all' eure Religion eine solche sein, welche die Probe des jüngsten Tages bestehen kann. Ich beschwöre euch, legt einen sicheren Grund in dieser Sache. Wenn der Herr wirklich euer Herz umgepflügt hat, so gehört das Feld ihm; deshalb gehorcht seinem Worte und gedenkt daran, wie er seinem Volke verbietet, zweierlei Samen zu säen. Laßt Alles, was in euch gesäet wird, wahr, christlich, liebend, gottähnlich und göttlich sein; so werdet ihr, wenn die Ernte kommt, nicht verlieren, was ihr gearbeitet habt. Gott helfe euch,so zu säen.

Die zweite Frage ist: Wie sollen wir säen? Die Antwort ist: Säet in der vom Herrn bestimmten Weise. Die Gnadenmittel sind von Gott verordnet, um uns zu helfen, den guten Samen zu säen, zu begießen, vom Unkraut zu reinigen und zu pflegen.

Laßt uns im Vertrauen auf den heiligen Geist zuerst das Herz besäen, indem wir fleißig im Worte Gottes forschen. Jeder Gläubige sollte ein Schüler in Christi Schule sein. Wir, die das Evangelium predigen, sollen in alle Welt gehen und alle Völker zu Jüngern machen. Nun, ein Jünger ist ein Lernender. Sind all' die Leute, die sagen, daß sie während der letzten speciellen Gottesdienste bekehrt seien, Lernende? Ich möchte wohl wissen, wo sie sind. Ich habe bei mehreren meiner Brüder, Pastoren benachbarter Kirchen, sorgsam nachgefragt, und sie wissen es nicht. Ich möchte die Kirchen entdecken, die diese Neubekehrten aufgenommen haben, denn wo ich nachforsche, höre ich von Einem oder Zwei, aber kaum von mehr; und bis zu diesem Augenblick haben mir meine ernsten Nachfragen nichts als bittere Enttäuschung gebracht. Wenn diese Tausende zu Jüngern gemacht wurden, warum kommen sie nicht unter die Belehrung und unter die Zucht? Sie behaupteten, bekehrt zu sein, wie ist es denn, daß sie nicht in unsere Gemeinden eingetreten sind? Brauchen sie keinen Unterricht oder ist Niemand von uns fähig, sie zu erbauen? Die Bekehrung sollte der Anfang der Jüngerschaft sein, aber wo sind die Jünger? Einige Monate sind verflossen und mit dem tiefsten Schmerze forsche ich nach, mit welchen Kirchen sie sich verbunden haben. Wo lernen sie den Weg Gottes noch vollständiger? Ich würde mich freuen, es zu wissen.

Meine jungen Brüder, die ihr erst kürzlich zu Jesu geführt seid, forscht die Schrift durch und durch. Seid nicht damit zufrieden, einfach den Heilsweg zu wissen, betet, daß ihr alles kennen lernt, was Gott geoffenbart hat, denn es ist nicht Unnöthiges in diesem Buche; es ist nicht ein Blatt darin, das wir ausreißen und in's Feuer werfen könnten und sagen: „Es ist überflüssig.“ Es muß alles erforscht werden und wir müssen diesem Studium obliegen, indem wir es lesen, hören und uns dem Einfluß des heiligen Geistes beugen, daß er uns in alle Wahrheit leite.

Wie sollen wir säen? Nun, indem wir die Wahrheit innerlich in unsere Seele aufnehmen. Ich kann euch nicht sagen, wie der Zweig den Saft aufnimmt, aber ich weiß, er nimmt ihn auf; und ihr müßt Gottes Wahrheit in eure Herzen aufnehmen, als den Lebenssaft für eure Seele; es ist der lebendige und unvergängliche Same, der da lebet und bleibet für immer. Ich wollte, daß ihr die Wahrheit nicht blos der Theorie nach kenntet, sondern sie in ihrer innern Kraft in eure Seelen aufnähmt, wie die Kinder die Milch aufnehmen, daß sie sich davon nähren und wachsen. Nur durch solche Nahrung könnt ihr zu dem Maße des vollkommenen Mannesalters in Christo Jesu kommen.

Ihr könnt euch so „säen für euch in Gerechtigkeit“ durch viel Gebet, viel Preis und viel von jeder Form der Gemeinschaft mit Jesu Christo. O Menschen, wenn ihr Thaten thun sollt, müßt ihr stark sein, und ihr könnt nicht anders stark sein als im Herrn und in der Kraft seiner Stärke. O Menschen, wenn ihr heilig sein sollt, müßt ihr mit dem Heiligen Gemeinschaft haben, und auf eurem Antlitze muß ein Glanz sich wiederspiegeln von dem Angesichte eures Herrn; in seinem Lichte allein könnt ihr als Lichter in der Welt scheinen. Zu sagen, ihr seiet bekehrt, das ist wenig; wir verlangen eure Heiligung, eure zunehmende Aehnlichkeit mit dem Herrn. Ich weiß nicht, ob ich meine Meinung ganz klar mache, aber ich meine dies: wir müssen mit allen Mitteln, die Gott in unsere Hand gelegt hat, unsere Herzen zu einem Platze machen, der reichlich mit Samen gefüllt ist und in dem alle Arten köstlicher Früchte für Gott reifen, die wir später ernten und zu seiner Ehre brauchen werden. Einige von euch versuchen, Andere zu besäen; seid ihr selber mit dem Samen besäet, der da „Samen giebt zu säen und Brod zu essen?“ Habt auf euch selber Acht; denn wenn ihr irgendwelche Pflege vernachlässigt, so mögt ihr mit der Braut im Hohenlied zu klagen haben: „Sie haben mich zur Hüterin der Weinberge gesetzt, aber meinen Weinberg, den ich hatte, habe ich nicht behütet.“ Ich bin überzeugt, wenn wir die Religion auszubreiten wünschen, so müssen wir damit beginnen, diejenigen besser zu machen, die schon Christen sind. Bis das Heer des Herrn stärker ist und ein jeder mehr von der Kraft des göttlichen Lebens in sich hat, können wir nicht erwarten, die Völker von der Kirche Gottes überwunden zu sehen. Seht wohl zu in dieser Sache und gebraucht die von Gott verordneten Mittel, damit ihr in Kraft des Geistes auf euch selber säet.

Drittens: Wann sollen wir auf uns säen? Welches ist die geeignete Saatzeit? Ich antworte, besonders die Zeit nach der Bekehrung und unmittelbar nach der Wiedergeburt. Es hängt sehr Vieles davon ab, daß der Boden gut besäet wird, wenn er frisch gepflügt ist. Dann ist das Herz zart, die Seele in einem bildungsfähigen Zustande: wie der Thon auf des Töpfers Rade oder wie eben geschmolzenes Wachs ist sie dann bereit, das rechte Gepräge und die rechte Form zu empfangen. Als Paulus bekehrt war, ging er auf eine Zeitlang nach Arabien und diese Monate waren, wie ich nicht zweifle, die gewinnbringendste Zeit, die Paulus je hatte, denn da verkehrte er mit Gott und sein Gemüth ward nie von der Wahrheit ganz durchdrungen. Vielleicht wäre er für seine übrige Lebenszeit nie ein so großer Apostel geworden ohne diesen kurzen Aufenthalt in Arabien. Die Jünger sollten nach der Auferstehung unsers Herrn zu Jerusalem b l e i b e n , bis sie mit Kraft aus der Höhe ausgestattet würden. O, ihr Christen, sehet zu, daß eure ersten Gedanken nach eurer Bekehrung darauf gehen, auf eurem allerheiligsten Glauben erbauet zu werden. Es wird mit der Zeit auch für Andre am nützlichsten sein, wenn ihr gleich euerm Herrn, euch Zeit nehmt, eures Vaters Werk lieber in der Stille der Betrachtung in Nazareth zu thun, als indem ihr unreife Frucht bringet.

Aber, Brüder, ich glaube nicht blos unmittelbar nach der Bekehrung sollte jeder Christ für sich in Gerechtigkeit säen. Wir müssen allezeit säen, wenn wir dies nicht thun, werden wir nicht allezeit ernten. Fragt den bestunterrichteten Christen, und er wird euch sagen, daß er mehr von seiner eigenen Thorheit weiß, als je zuvor, und williger zum Lernen ist, als da er zuerst in Christi Schule eintrat. Herr, lehre uns noch, lehre uns jeden Tag. Bis die Haare grau werden, unterweise uns, damit wir andere unterweisen können.

Es sollte ein besonderes Säen da sein, scheint mir, jedesmal, wenn wir eine besondere Ernte wünschen. Betrachtet unsern Herrn: immer, wenn er im Begriff war, eine ganz besondere Handlung zu vollziehen, wie z. B. die Aussendung der Zwölfe, lesen wir von ihm, daß er sich zurück zog, um zu beten. Beten war seine Gewohnheit, aber es gab besondere Zeiten, wo er es mehr that, als gewöhnlich, damit mehr Kraft von ihm ausgehen möge. Wenn ihr je im Begriffe seid, wie ihr hofft, viele Seelen zu gewinnen, erscheint häufiger dann vor dem Herrn mit diesem Anliegen; wenn ihr eine schwere Prüfung zu bestehen habt und große Stärke bedürft, um eine größere Ernte von Geduld zu geben, säet mehr Gnade, indem ihr euch Gott mehr nahet. In unserer Gnade sollte es immer Fluthzeit sein, aber selbst die Fluth ist zu einigen Zeiten höher als zu anderen und wir können den Herrn bitten, uns eine Springfluth zu geben, wenn außerordentliche Gnade erfordert wird. Wiederum sage ich, habt gut Acht auf euch selbst, daß ihr nicht verlieret, was ihr erarbeitet habt. Da nun noch eine Ruhe vorhanden ist, dem Volke Gottes, so lasset unser Keinen dahinten bleiben. Bei allem, was ihr erwerbt, erwerbt auch Verständniß; bei allem eurem Thun, sehet zu, daß der inwendige Mensch nicht vernachlässigt werde, daß ihr vor dem Herrn wandelt im Verborgenen und die Herzensgemeinschaft mit ihm nicht versäumt. Sehet zu, daß ihr vorsichtiglich wandelt, daß ihr in der Gnade und in der Erkenntniß unseres Herrn Jesu Christi wachset. Beständig sollten wir säen, denn wir sollten, im heiligem Wandel, immer ernten.

Ferner, warum unterlassen so viele das Säen? Es mag sein, erstlich, weil sie aufgeblasen sind in dem Gedanken, daß sie kein Säen nöthig haben. Wie müßig ist ihre Einbildung! Hier ist ein Stück Land, das gerade eben von des Teufels Felde genommen und eingehegt ist, es hat seit Jahren nur Dornen und Disteln getragen, es m u ß Saat nöthig haben. Ist guter Same in ihm von Natur in den Erdklößen verborgen? Unmöglich. Glaubt ihr, weil es gepflügt ist, könnte es nun sich selbst überlassen bleiben, und würde dann eine Ernte liefern? Ihr wißt es besser. Der Neuling sollte nicht als Lehrer aufstehen, er sollte als Schüler niedersitzen. Er mag sagen, was er weiß, — so weit ist er besäet und so weit kann er eine Ernte hervorbringen; aber wir kann er sagen, was er nicht weiß, und wie soll er Anderen mittheilen, was ihm niemals mitgetheilt ist? Wir picken religiöse Erkenntniß und Reife nicht instinktmäßig auf; wir sind verpflichtet, die Meinung des Wortes Gottes zu erforschen und uns der Erleuchtung des göttlichen Geistes zu unterwerfen; wir müssen die Aechtheit unserer Bekehrung dadurch beweisen, daß wir gelehrig wie kleine Kinder sind. Wir sollen uns nicht nackend in den Kampf stürzen, sondern eine volle Ausrüstung suchen, und die können wir nicht aus uns selber haben; Helm und Schwert und Schild müssen in der Rüstkammer Gottes gesucht werden.

Einige lieben das Säen nicht, weil es ein sehr stilles Werk ist. Ein junger Mann bringt eine Stunde damit zu, in die Wahrheit irgend einer Lehre tiefer einzudringen; wohl, das wird nie in die Zeitungen kommen oder in den Berichten einer Gesellschaft erwähnt werden: und Niemand wird ihn dafür preisen, deshalb ist er geneigt, solche Uebungen zu verachten. Er geht Stunde für Stunde zu dem Herrn Jesus und bittet darum, in tiefen göttlichen Dingen unterwiesen zu werden: Niemand wird deshalb in die Posaunen blasen. Nein, sie blasen auch keine Posaunen, wenn sie die Felder besäen; das Jauchzen wird aufbehalten, bis sie die Garben einbringen. Aber das Säen muß gethan werden, wenn auch Niemand dazu jauchzet und ihr müßt im Worte forschen und eure Seelen wohl besäen, darum nicht weniger, sondern nur um so mehr, weil es euch keinen Beifall einbringet.

Zuweilen wird selbst geäußert, daß es Zeitverschwendung sei, das Herz durch ruhiges Studium zu fördern. Der Säemann sieht keinen unmittelbaren Erfolg von dem Säen; er sieht vielmehr, indem er seine Händevoll ausstreut eine Abnahme in seinem Korbe und es ist so viel weniger Korn auf dem Kornboden. Resultate sind nicht da, außer seiner Ermüdung, wenn er in den Furchen arbeitet; doch ist er ein weiser Mann. Ja, und du, lieber Freund, mußt nicht zu früh nach Resultaten haschen. Ich freue mich, daß du Seelen zu gewinnen wünschest: möge diese Leidenschaft in dir vermehrt werden, aber mehr noch werde ich mich freuen, wenn du mit dieser Leidenschaft den vernünftigen Gedanken verbindest, daß du den heiligen Geist bitten mußt, dich zu einem geeigneten Werkzeug zu machen. Wenn du versucht hast, eine Ernte für Gott hervorzubringen ohne vorheriges Säen, so brauchst du nur deine gesunde Vernunft zu Rathe ziehen, um deinen Irrthum zu erkennen. Du mußt dir bewußt sein, daß du in einigen Punkten keinen Erfolg erzielst; du wirst in Verlegenheit gebracht durch ungläubige Einwürfe, dein Verstand steht oft still, wenn du mit solchen sprichst, die Belehrung suchen, weil du nicht weißt, wie du die Fragen beantworten sollst, die sie thun. Zuweilen tappst du an einem Text herum und kannst nicht Hand, noch Fuß daraus machen. Wohl, komm ein wenig zur Schule, ehe du als Lehrer ausgehst; komm, und laß dich ein wenig bepflügen und besäen, ehe du daran denkst, die Ernte heimzubringen.

Das Säen ist außerdem zuweilen eine sehr schmerzliche Arbeit. Wir lesen von Einigen, die in Thränen säen. Lernen kostet Demüthigung und Ermüdung und Mühe und Weinen, um der Aufgabe willen. Ich habe mir meinen Weg in manche Wahrheit hineingeweint. Ich glaube, es ist manche Stelle im Worte Gottes, deren Bedeutung dir nie aufgehen wird, wenn du nicht für deine Ueberfahrt arbeiten willst, wie einige arme Leute thun, wenn sie nach Amerika gehen wollen. Du kannst diese versiegelten Schatzkammern nicht öffnen ohne langes Nachdenken, harte Arbeit, viel Gebet, viel Ueberwinden von Vorurtheilen und Uebergabe deiner Seele an den heiligen Geist. Dies ist eine Art von Arbeit, die sich immer gut bezahlt, und wenn sie vorbei ist, wird euer anderes Wirken für Gott viel leichter werden. Wenn das Säen vorüber ist, so ruht der Ackersmann und die Saat geht auf, bei Tag sowohl wie bei Nacht, er weiß nicht wie; und so kommt, wenn die Seele gründlich mit erforschter und verstandener Wahrheit besäet wird, später mit wunderbarer Leichtigkeit und freiwilligem Wachsthum die Ernte. Träge Leute haben auf die Länge die meiste Mühe; es ist eine Ersparung von Zeit und Kraft, die Seele gleich bei'm Anfang gründlich zu versorgen. Das Beschlagen des Pferdes und das Anlegen des Harnisches mit Sorgfalt wird viel Zeit bei'm Reisen ersparen. Ein Schiff mit Lebensmitteln zu versorgen ist eins der Mittel, um eine schnelle und sichere Reise zu sichern. Euer Friede und eure Kraft in späteren Jahren werden euch reichlich für eure jetzige Sorge und Mühe belohnen. Säet in der Gegenwart, daß ihr in der Zukunft ernten möget.

Zuletzt von allem bei diesem Punkt, warum sollen wir säen? Wir sollten unsere Herzen sehr sorgsam besäen und anbauen, weil die Erfolge unseres Lebens im Ganzen von diesem Säen abhängen. Wenn ein Mensch kärglich säet, wenn er wenig lernt, wenn er wenig von dem Geiste Christi in sich aufnimmt, muß sein Leben schwach und unfruchtbar sein. Wie kann eine reiche Ernte nach kärglichem Säen kommen? Wenn wenig in den Boden hineingeworfen wird, so kommt wenig heraus. Wenn Jemand stümperhaft säet, nur auf ein paar auserwählte Gnaden und Wahrheiten achtet, wie Einige es thun, so wird ein stümperhafter Charakter die Folge sein. Einige Brüder sind in Einer Furche sehr gründlich besäet worden und es ist eine vortreffliche Ernte an dieser Stelle da; aber sie vernachlässigen andere Theile, sie streben nicht vor Gott darnach, alle Gnade zu erhalten oder alle Wahrheit zu erkennen, und in Folge davon ist ihr Leben in manchen Punkten fehlerhaft. Vollständige Erfahrung und Wachsamkeit in jedem Punkt sind nöthig zur Bildung eines vollständigen Charakters. Hütet euch vor halbem Gehorsam im Herzen oder halber Erleuchtung des Verstandes, denn dies wird einen unbeständigen Charakter erzeugen — hier einen Garten und da eine Wüste.

Seid vorsichtig auch, daß ihr nicht gemischten Samen säet, denn dies war im alten Testament verboten und wenn ihr es thut, so wird auf der einen Stelle ein bischen Weizen sein und auf der anderen Stelle ein bischen Unkraut, und ihr werdet versuchen, Gott und dem Mammon zu dienen. Zu viele, die sich Christen nennen, haben eben so viel Gefallen an dem Unkraut als am Weizen und kennen kaum das Eine vom Andern: wie die orientalische Pflanze, die in unserer Bibel „Unkraut“ genannt ist, dem Weizen sehr ähnlich ist, so giebt es Nachahmungen der Tugenden und diese täuschen Viele. Wenn wir nur den guten Samen der Wahrheit säen, wird ein heiliger, einflußreicher, vor Gott angenehmer Charakter daraus hervorwachsen, aber gemischter Samen wird Unbeständigkeit, Schwankungen und Armseligkeit des Charakters erzeugen und wir werden dem großen Ackersmann keine Ehre bringen. Ich bin gewiß, daß ich Recht thue, dieses mit großem Ernst allen Kindern Gottes einzuschärfen. Brüder, glaubt ihr, daß die Leute sich vom Ritualismus, der nun zum unvermummten Papstthum herangewachsen ist, fortreißen lassen würden, wenn sie völlig in den Lehren unseres protestantischen Glaubens unterrichtet wären? Ich glaube nicht, daß es möglich gewesen wäre. In diesem Augenblicke dringen die Wölfe in unsere Kirchen ein, und sie finden leichten Raub, wo die Leute am wenigsten unterrichtet und am wenigsten im Evangelium befestigt sind. Die Leute, die nichts selber erkannt haben, nichts durch Herzenskenntniß, sind leicht betrogen; aber wo klares Verständniß und warme Liebe zum Evangelium ist, wo geistliches Wachsthum und viel Gemeinschaft mit Gott ist, die aus einer lebendigen inneren Kraft entsteht, da werden die Menschen nicht von jedem Winde einer Lehrmeinung fortgerissen durch die Gaukeleien der Menschen und luftige Verschlagenheit, sondern sie stehen fest, gewurzelt und gegründet in Christo. Diese Beständigkeit ist ein Theil der Ernte, von welcher ich nun am Schlusse zu sprechen habe.
II.

Wir müssen die Ernte nicht versäumen. Wenn Jemand mit beständiger Wachsamkeit,heiliger Furcht, demüthigem Gebet und einfachem Glauben an Jesum sein eigenes Herz zu besäen sucht, so kann er erwarten, daß Frucht darnach kommen wird, für ihn sowohl als fürseinen Gott. Für ihn wird Eine Frucht Beständigkeit sein, wie ich schon gesagt habe. Er wird fähig sein, zu sprechen: „Mein Herz ist fest gegründet, und ich will singen und loben.“ (Ps. 57, 8 engl. Ueb.) Er läßt sich nicht ködern durch das Angreifen der Erfinder neuer Wahrheiten, noch durch das verächtliche Höhnen der neumodischen Denker, die den guten alten Weg verspotten, noch durch jene gewaltigen Entdecker, die ausfindig gemacht haben, daß es überhaupt keine Wahrheit giebt. Erfahrene Gläubige wissen und sind überzeugt und haben feste Anker. O, seid wohl besäet, denn dann werdet ihr beständig sein und aus dieser Beständigkeit wird dauerhafter Trost kommen. Die Hälfte aller Befürchtungen der Christen steigen wie die Nebel aus den Sümpfen ihrer Unwissenheit auf. Wenn wir die Verheißungen besser kennten, das Evangelium besser kennten, Gott besser kennten und Christum besser kennten, würden wir nicht den zehnten Theil so viel Furcht haben. Bedenkt, in dem Maße, wie die Seele von dem Geiste des Evangeliums durchdrungen ist, wird sie mit Frieden und Trost erfüllt sein.

„Religion allein kann geben
Die schönsten Freuden uns im Leben,
Religion kann uns allein
Im Sterben sichern Trost verleih'n.“

Diese schönen Freuden und sicheren Tröstungen sind die Ernte, welche diejenigen erhalten, die wohl zusehen, daß ihre Seelen gut besäet werden. Diejenigen, deren Herzen durch die Gnade wohl besäet sind, besitzen Freuden, die andern Namenchristen ganz unbekannt sind. Welche Entzückungen und Wonnen werden oft denen verliehen, die sich zu Gott nahen und deren Seele von ihm voll ist! „Wohl dem Volk, das jauchzen kann, Herr, sie werden im Lichte deines Antlitzes wandeln.“ Wenn Andere Hunger leiden, werden sie Speise haben, und wenn Andere matt werden, wird ihre Kraft erneut werden, weil ihre Seelen gelernt haben, sich an Gott allein zu halten.

Eine gesegnete Frucht dieses Säens ist Kühnheit im Dienste des Herrn. Die, welche ihren Gott kennen, werden stark sein und große Thaten thun. Wer Gott sehr fürchtet, fürchtet nicht die Menschen. Er hat in Gottes Nähe gelebt und kümmert sich nicht mehr um die Meinung der Menschen, als um das Heulen des Windes über dem Moor. Mit diesem Muth kommt Geduld unter Leiden; der, welcher voll Gnade ist, ist fähig, des Herrn Willen zu tragen, was immer dieser sei. Dies ist eine segensvolle Frucht des Geistes. Ihr, die ihr Ergebung für etwas Leichtes haltet, könnt sie noch vielleicht hochschätzen lernen. Dieses sind einige wenige der Früchte, die in einer Seele wachsen, die von der Gnade wohl besäet ist.

Nun bemerkt, der Text sagt, daß obgleich wir in Gerechtigkeit säen, wir doch in Barmherzigkeit zu ernten haben. Wenn je irgend welche Frucht, aus eurem ernsten Beten und Wachsen kommt, Geliebte, so wird es Barmherzigkeit sein, die sie euch giebt, denn thut, was ihr wollt, alles, was gottähnlich und heilig ist, muß von der göttlichen Kraft und von keiner geringern, gepflanzt, genährt und erhalten werden. Wenn ihr irgend welch' heiligen Muth oder fromme Geduld oder geheiligte Standhaftigkeit oder geweihte Erfahrung oder geistige Freude oder himmlische Entzückung oder wahre Heiligkeit gehabt habt, so ist es die Barmherzigkeit, die euch in den Stand gesetzt hat, diese köstlichen Früchte zu ernten. Gott heißt euch, säen, es ist eure Pflicht, dies zu thun, und eifrig über eure Seele zu wachen: aber zur Ehre Gottes zu ernten, das ist ganz die Gabe seiner Gnade von Anfang bis zu Ende und wir müssen freudig anerkennen, daß es so ist.

Der Text heißt uns sehr bestimmt ernten. „Erntet in Barmherzigkeit.“ Es ist Frucht auf euch, wenn ihr recht in der Kraft des Geistes Gottes gesäet habt, deshalb erntet sie: das heißt, wenn die Zeit kommt, seid bereit mit der auswendigen Frucht eurer inwendigen Gnade. Laßt die Geduld bereit sein im Leiden, und Beharrlichkeit am Tage der Arbeit. Wenn ihr diese Dinge hervorbringet, so lobt den Herrn dafür. Erhebet euch darum nicht, denn ihr sollt in Barmherzigkeit ernten; wenn ihr's auf irgend eine andere Weise solltet, so möchtet ihr euch erheben; seid deshalb demüthig, denn es ist Barmherzigkeit, die euch die Gnaden giebt, die in eurer Seele blühen. Sorgt dafür, daß ihr Gott für jede gute und vollkommene Gabe lobet, und was aus euerm inneren Leben kommt, erntet es so, daß ihr es zum Besten Anderer anwendet, damit Gott geehrt werden möge. Wenn in euch Eifer, Muth, Geduld und was nicht Alles, ist, als die Folge des Säens auf eurem Herzen, tretet vor und braucht es zum Preise eures Erlösers. Bedenkt, ihr habt nichts, das ihr nicht empfangen hättet und da ihr es empfangen habt, seid ihr in Dankbarkeit verbunden, es für ihn hinzugeben, der es euch gab.

Aber zum Schlusse sage ich, laßt uns zusehen, liebe Brüder und Schwestern, daß wir alle unsre Herzen mit allem Fleiß vor dem Herrn bewahren. Es ist des Geistes Werk, wir haben dies wieder und wieder eingeräumt; aber der Geist Gottes erweckt uns zur Täthigkeit und lullt uns nicht in einem unthätigen Zustand ein, denn er will, wir sollen Sorge tragen, daß dieses in uns vorhanden sei, und reichlich, damit wir nicht dürr und unfruchtbar seien. Er will, daß wir zusehen, daß wir in nichts Gutem zu kurz kommen, sondern reichlich zunehmen in aller Kenntniß, aller Liebe und aller Geduld zu seiner Ehre, daß so unser Leben zeige, daß wir wirklich unter der Pflege und Fürsorge unsers Herrn Jesu Christi stehen. Ich wollte zu Gott, wir wären als Kirche alle zusammen auf eine höhere Stufe gehoben durch ein segensreiches Heben des göttlichen Geistes; und dann wollte ich zu Gott, daß aus unsrer Mitte mehr Prediger Christi erwählt würden, mehr, die mächtig im Gewinnen der Seelen wären, mehr Missionare für die Heiden und mehr von jeder Art Streiter Christi. Wenn unser Meister Arbeiter braucht, nimmt er nicht die, welche krank sind. Wenn ihr eine Eisenbahn zu machen hättet, würdet ihr nicht in's Brompton-Hospital gehen und dort alle Schwindsüchtige aussuchen und ihnen Axt und Spaten geben, damit sie versuchten, Dämme aufzuwerfen oder Ausgrabungen zu machen; nein, sondern ihr würdet die starken Männer auswählen, die Männer mit sehnigen Armen, die Männer mit Muskeln, die es verstehen, Hebebäume und Spaten handzuhaben. Und ebenso macht Gott es in seiner Kirche. Wir müssen stark in der Gnade sein, stark im Verborgenen, stark im Gebet, stark in Gemeinschaft mit Gott, stark in der Kraft des inwendigen Lebens, und darnach wird der Herr uns als Kirche auf seine Feinde loslassen gleich einem Tornado, der alles vor sich her fegt. Wir können nicht aus uns selbst hervorbringen, was nicht in uns ist, wir müssen zu Gott gehen, um gefüllt zu werden, sonst fließen wir nicht über. Die Lampen können leuchten, aber sie müssen mit Oel versehen werden, sonst werden sie übel riechen und aufhören, zu brennen; wir müssen Speise haben, sonst können wir unsre Lebenskraft nicht aufrecht halten; wir müssen von Christo leben; wir müssen mit seinem Herzblut genährt werden, sonst wird das Leben in uns nur ein Leben des Schmerzes und des Schmachtens sein, aber kein Leben des Triumphes und der Erfahrung. Achtet wohl darauf und möge Gott euch darin segnen.

Was euch betrifft, die ihr nicht gepflügt seid, ich bitte euch, bedenkt, daß ihr Gott keine Frucht bringen könnt. Schämt euch eurer Unfruchtbarkeit und ruft ihn mit aller Macht an, daß er gnädig mit euch verfahren wolle und euch zu Jesu bringen, denn jetzt seid ihr dem Verfluchtwerden nahe und nicht lange, so wird, wenn die Gnade nicht Einhalt thut, euer Ende sein, daß ihr verbrannt werdet. Möge Gott euch retten um Christi willen. Amen.